Hamburger Anzeiger - WHO: Erdbeben in Türkei Europas schlimmste Naturkatastrophe seit einem Jahrhundert

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WHO: Erdbeben in Türkei Europas schlimmste Naturkatastrophe seit einem Jahrhundert
WHO: Erdbeben in Türkei Europas schlimmste Naturkatastrophe seit einem Jahrhundert / Foto: OZAN KOSE - AFP

WHO: Erdbeben in Türkei Europas schlimmste Naturkatastrophe seit einem Jahrhundert

Das Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die "schlimmste Naturkatastrophe" in Europa seit einem Jahrhundert. WHO-Regionaldirektor Hans Kluge hob am Dienstag hervor, dass das ganze Ausmaß der Schäden noch gar nicht feststehe. Unicef sprach von mindestens sieben Millionen betroffenen Kindern. Die Hilfseinsätze konzentrieren sich mittlerweile auf die Versorgung der obdachlosen Überlebenden, auch die Hilfsanstrengungen für das Bürgerkriegsland Syrien wurden verstärkt.

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"Wir sind Zeugen der schlimmsten Naturkatastrophe in der WHO-Europa-Region seit einem Jahrhundert", sagte WHO-Regionaldirektor Kluge in Kopenhagen. Zur WHO-Region Europa gehören 53 Länder, darunter die Türkei sowie einige zentralasiatische Länder. Die WHO hatte kürzlich mitgeteilt, sie gehe davon aus, dass 26 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien betroffen sein könnten.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef erklärte, von dem Erdbeben seien in der Türkei 4,6 Millionen Kinder und in Syrien rund 2,5 Millionen Kinder betroffen. Es sei zu befürchten, dass durch das Beben am Montag vergangener Woche "viele tausend" Kinder ums Leben gekommen seien, sagte Unicef-Sprecher James Elder. Viele der überlebenden Kinder litten nun an Unterkühlung und Atemwegsinfektionen.

In Berlin versicherte Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die Bundesregierung setze ihre Hilfe für die Erdbebenopfer "mit Hochdruck weiter fort". Demnach sind weitere Hilfsflüge in die Türkei geplant. Deutschland hat laut Bundesinnenministerium bereits Hilfsgüter im Wert von gut 8,4 Millionen Euro bereitgestellt, davon mehr als drei Viertel für die Türkei.

Die Einsatzteams des Technischen Hilfswerks (THW) und der Hilfsorganisation Isar Germany kehrten am Dienstag nach mehrtägigen Rettungseinsätzen im Erdbebengebiet nach Deutschland zurück. Es gab kaum noch Hoffnung, Überlebende unter den Trümmern zu finden, vielerorts wurde die Suche eingestellt. Am Montag konnten jedoch der achtjährige Harun und sein 15-jähriger Bruder Eyüphan 181 Stunden nach dem Beben noch lebend geborgen werden, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.

Die Hilfseinsätze konzentrieren sich nun aber auf die Versorgung der zahlreichen obdachlos gewordenen Überlebenden. Laut türkischer Regierung wurden etwa 206.000 Zelte errichtet, 1,2 Millionen Menschen wurden in Studentenwohnheimen untergebracht und 400.000 Überlebende aus den verwüsteten Gebieten fortgebracht.

In der Stadt Antakya begannen bereits Aufräumarbeiten. Arbeiter stellten behelfsmäßige Toiletten auf, das Telefonnetz funktionierte in Teilen der Stadt wieder, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Das Beben der Stärke 7,8 hatte am vergangenen Montag das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Die Zahl der bestätigten Todesopfer stieg seitdem auf mehr als 35.000, davon 31.643 in der Türkei und mindestens 3.688 in Syrien.

Im Bürgerkriegsland Syrien wird die Versorgung der Erdbebenopfer dadurch erschwert, dass das Katastrophengebiet teils von der Regierung in Damaskus, teils von Rebellen kontrolliert wird. Am Dienstag traf erstmals seit dem Beben eine UN-Delegation im von oppositionellen Milizen kontrollierten Katastrophengebiet im Nordwesten Syriens ein, wie der Direktor des Welternährungsprogramms für Syrien, Kenn Crossley, AFP sagte.

Es gehe zunächst darum, den genauen Hilfsbedarf in der hart getroffenen Region festzustellen, sagte Crossley. Zu der Delegation zählten der stellvertretende regionale Koordinator für humanitäre Hilfe, David Carden, und die Leiterin des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) in der Türkei, Sanjana Quazi.

Zuvor hatte Syriens Machthaber Baschar al-Assad um internationale Unterstützung für die Erdbebenopfer in seinem Land gebeten. Nach UN-Angaben sagte er zugleich zu, zusätzlich zu Bab al-Hawa zwei weitere Grenzübergange für Hilfsgüter zu öffnen. Dadurch komme mehr Hilfe "schneller" ins syrische Erdbebengebiet, erklärte UN-Generalsekretär António Guterres am Montag.

Der Hilfsbedarf in Syrien ist riesig. Am Dienstag landete erstmals seit 2012 ein Flugzeug aus Saudi-Arabien in dem Bürgerkriegsland. Die Maschine brachte 35 Tonnen Lebensmittel für die Erdbebenopfer in das von der syrischen Regierung kontrollierte Aleppo, weitere Hilfsflüge waren für Mittwoch und Donnerstag geplant.

W.Taylor--HHA