Hamburger Anzeiger - Seit 2020 mehr als 6500 Festnahmen dank Überwachung der Encrochat-Software

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Seit 2020 mehr als 6500 Festnahmen dank Überwachung der Encrochat-Software
Seit 2020 mehr als 6500 Festnahmen dank Überwachung der Encrochat-Software / Foto: Jerry Lampen - ANP/AFP

Seit 2020 mehr als 6500 Festnahmen dank Überwachung der Encrochat-Software

Die Überwachung des von Kriminellen genutzten Kommunikationsnetzwerks Encrochat hat zu tausenden Festnahmen weltweit geführt und mutmaßlich zahlreiche schwere Straftaten verhindert. Wie die europäische Polizeibehörde Europol am Dienstag im französischen Lille mitteilte, führten die Encrochat-Ermittlungen zu 6.558 Festnahmen, 197 davon hätten "Ziele von hohem Wert" betroffen. Zudem seien im Zuge der Ermittlungsverfahren knapp 900 Millionen Euro beschlagnahmt oder eingefroren und tonnenweise Drogen aus dem Verkehr gezogen worden.

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Die Encrochat-Überwachung habe "Schockwellen" im Bereich des organisierten Verbrechens in Europa und darüber hinaus ausgelöst, erklärte Europol. "Sie hat dazu beigetragen, gewaltsame Angriffe, Mordversuche, Korruption und großangelegte Drogentransporte zu verhindern", hieß es weiter. Es seien etwa hundert Morde und Entführungen verhindert worden.

Die auf Grundlage der Ermittlungen verhängten Haftstrafen summieren sich laut Europol bislang auf 7134 Jahre. Zudem wurden 103,5 Tonnen Kokain, 3,3 Tonnen Heroin, 163,4 Tonnen Cannabis und 30,5 Millionen Pillen synthetischer Drogen beschlagnahmt.

Über das Encrochat-Netzwerk hatten mutmaßliche Verbrecher aus dem Bereich der organisierten Kriminalität nach Angaben der Behörden europaweit kommuniziert. Sie planten dabei freimütig schwerste Straftaten wie Drogenhandel, Mord, Geldwäsche, Erpressung und Entführung.

So wurde auf der Grundlage ein wegen 17 Morden gesuchter Däne 2020 in Dubai festgenommen. Bei ihren Durchsuchungen beschlagnahmten die an den Encrochat-Ermittlungen beteiligten Beamten laut Europol 271 Häuser und Anwesen, 971 Fahrzeuge, aber auch 83 Boote und 40 Flugzeuge. Auch mehr als 900 Waffen sowie Munition und Dutzende Sprengsätze wurden aus dem Verkehr gezogen.

Encrochat nutzte Server in Frankreich, dort nahmen die Ermittlungen 2018 ihren Anfang. Die französischen Behörden teilten ihre Informationen zunächst mit den Niederlanden. In Zusammenarbeit mit den EU-Behörden Europol und Eurojust gelang französischen und niederländischen Ermittlern ein Hackerangriff auf das Programm. Dadurch konnten die Handys von zehntausenden mutmaßlichen Kriminellen überwacht werden.

Am 13. Juni 2020 wurde die Überwachung eingestellt, nachdem die Encrochat-Betreiber eine Warnung an ihre Nutzer geschickt hatten. Sie informierten darin darüber, dass die Software von "Regierungsstellen" infiltriert worden sei, und forderten die Nutzer auf, ihre Encrochat-Handys wegzuwerfen. Im Juli 2020 informierten die beteiligten Behörden die Öffentlichkeit über ihren Coup.

Gegen die Encrochat-Betreiber ermittelt eine Sondereinheit in Lille. Die führenden Köpfe des Netzwerks sowie die Encrochat-Entwickler seien identifiziert worden, sagte die zuständige Staatsanwältin Carole Etienne am Dienstag bei der Pressekonferenz mit Europol. Die Ermittlungen dauerten an.

Die Betreiber hatten weltweit Encrochat-Handys für rund 1000 Euro pro Stück angeboten und damit geworben, das Gerät biete vollkommene Anonymität und sei nicht zu orten. Es bot außerdem Funktionen wie die automatische Zerstörung von Nachrichten und einen speziellen PIN-Code zur Zerstörung aller Daten auf dem Handy, etwa im Falle einer Festnahme des Besitzers.

Ausgewertet wurden laut Europol mehr als 115 Millionen Konversationen von mehr als 60.000 Nutzern. In mehreren Ländern gab es auf dieser Grundlage Großrazzien. Wegen noch laufender Ermittlungen könne keine Liste der beteiligten nationalen Behörden veröffentlicht werden, erklärte Europol.

T.Schmidt--HHA