Ethikrat sieht Fehler bei Pandemiebewältigung in Deutschland
Der Deutsche Ethikrat hat Fehler und Missstände bei der Bewältigung der Corona-Pandemie in Deutschland benannt. So seien zahlreiche Institutionen wie Gesundheitsämter und Schulen nur unzureichend auf die Krise vorbereitet gewesen und insbesondere vulnerable Gruppen wie Pflegebedürftige zum Teil nicht gut geschützt worden, hieß es in einer am Montag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme des Expertengremiums.
Aber auch alle anderen Menschen blieben "verletzlich" und seien beispielsweise von negativen Folgen der Pandemiemaßnahmen betroffen, mahnten die Fachleute. So litten junge Menschen besonders unter Einschränkungen ihrer Ausbildung und ihres Soziallebens. Je länger die Pandemie dauerte und je länger etwa Schulen von Lockdowns betroffen waren, "desto stärker vulnerabel wurde die junge Generation", sagte die Ethikratsvorsitzende Alena Buyx und verwies auf die psychischen Belastungen.
Die Folgen der Corona-Maßnahmen etwa im Bildungsbereich seien "nicht genug berücksichtigt und gesehen" worden. "Wir rufen nach einer kritischen Aufarbeitung der Krisenbewältigung und besseren Fehlerkulturen", sagte Buyx.
Ethikratsmitglied Sigrid Graumann wies darauf hin, dass Initiativen und kreative Ideen von Lehrern oder Sozialarbeitern zur Unterstützung von Schülern während der Schulschließungen "häufig ausgebremst" worden seien. "Das sollte künftig nicht mehr so sein", betonte die Sprecherin der zuständigen Arbeitsgruppe des Ethikrats. Bei allen Maßnahmen gegen die Pandemie müsse die soziale Teilhabe gesichert bleiben.
Der Ethikrat leitet in seiner Stellungnahme eine Reihe von Empfehlungen für Güterabwägungen zwischen Gesundheitsschutz und individueller Freiheit ab. "Maßnahmen gegen eine Pandemie müssen demokratisch legitimiert, ethisch gut begründet und zugleich gesellschaftlich akzeptabel sein", erklärte Buyx.
In seiner Empfehlung fordert der Ethikrat unter anderem: "Das Potenzial von Maßnahmen, gesellschaftliche Spaltungen zu befördern, sollte zukünftig systematisch in Entscheidungen berücksichtigt werden." Zudem dringen die Experten auf verbesserte Kommunikations- und Informationsstrategien und die Bekämpfung von Falschinformationen. Nötig sei auch eine solide Datenerfassung.
Weiterhin müssten Institutionen wie Gesundheitsämter, Pflegeheime oder Einrichtungen im Bildungsbereich krisenfester werden. Eine solche Widerstandskraft habe "in etlichen Bereichen gefehlt", sagte Ethikratsmitglied Andreas Lob-Hüdepohl.
E.Gerber--HHA