Moskau: Militär setzt Hyperschallraketen im Westen der Ukraine ein
Rund drei Wochen nach Beginn des Ukraine-Krieges haben die russischen Streitkräfte nach eigenen Angaben im Westen des Landes eine Hyperschallrakete eingesetzt - es ist wohl das erste Mal überhaupt, dass diese neu entwickelte Waffe zum Einsatz kam. Nach Angaben aus Moskau vom Samstag zerstörte die Kinschal-Rakete am Vortag in einem Dorf ein unterirdisches Waffenlager. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj forderte den Kreml zu Verhandlungen auf, um die Schäden des Krieges auch für Russland zu begrenzen.
Das russische Verteidigungsministerium erklärte, das vernichtete Lager mit Raketen und Munition habe sich im Dorf Deljatyn befunden, das rund hundert Kilometer von der Grenze zum Nato-Mitgliedstaat Rumänien entfernt liegt. Die Kinschal-Raketen können nach russischen Angaben alle Luftabwehrsysteme umgehen, die russische Seite hatte bisher noch nie deren Einsatz in einem Konfliktgebiet bekannt gegeben.
Diese Raketen und die des Typs Zirkon gehören zu einer neuen von Russland entwickelten Waffengattung, die Staatschef Wladimir Putin als unbesiegbar bezeichnet hatte. Sie können demnach auch die in Europa stationierten US-Luftabwehrsysteme überwinden.
Der ukrainische Präsident Selenskyj appellierte derweil erneut an die russische Führung: "Verhandlungen über Frieden und Sicherheit für die Ukraine sind die einzige Chance für Russland, die durch eigene Fehler verursachten Schäden zu begrenzen", sagte Selenskyj in einem im Onlinenetzwerk Facebook veröffentlichten Video. Dieses zeigt ihn nachts auf einer menschenleeren Straße in der Hauptstadt Kiew.
"Es ist Zeit sich zu treffen, zu diskutieren, Zeit, die territoriale Integrität und die Gerechtigkeit für die Ukraine wieder herzustellen", forderte Selenskyj. Ansonsten würden "die Verluste für Russland so sein, dass es mehrere Generationen braucht, um sich davon zu erholen".
Seit Beginn des Ukraine-Krieges am 24. Februar hat es mehrere Verhandlungsrunden zwischen Delegationen Russlands und der Ukraine gegeben. Von russischer Seite hieß es am Freitagabend, es gebe "eine Annäherung" der Positionen hinsichtlich der Frage einer Neutralität und Entwaffnung der Ukraine.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak erklärte hingegen im Kurzbotschaftendienst Twitter, die Äußerungen Russlands seien nichts anderes als deren zu Beginn erhobene Forderungen. "Unsere Position gilt unverändert: Waffenstillstand, Rückzug der (russischen) Truppen und starke Sicherheitsgarantien mit konkreten Formulierungen", betonte Podoljak.
Unter anderem die von russischen Truppen belagerte Hafenstadt Mariupol am Asowschen Meer blieb weiter umkämpft. Von ukrainischer Seite hieß es am Samstag, sie habe "vorübergehend" den Zugang zum Asowschen Meer verloren. Die russische Armee erklärte am Freitag, sie sei in die strategisch wichtige Stadt eingedrungen und kämpfe dort an der Seite von Truppen aus dem Separatistengebiet im ostukrainischen Donezk.
Ein Berater des ukrainischen Innenministeriums beschrieb die Lage in Mariupol als "katastrophal". Am Rande der Stadt gebe es Kämpfe um das Stahlwerk Asowstal, sagte der Berater Wadym Denisenko. "Eines der größten Stahlwerke Europas wird im Moment zu einer Ruine", sagte er.
Selenskyj sagte zur Lage in Mariupol, den ukrainischen Behörden sei es gelungen, mehr als 9000 Menschen in Sicherheit zu bringen. An dem am Mittwoch bombardierten Theater in Mariupol dauerten die Bergungsarbeiten weiter an. Informationen über mögliche Todesopfer lägen bislang nicht vor. Der Angriff auf das Theater, in dessen Schutzkeller hunderte Menschen Zuflucht gesucht hatten, hatte international Empörung ausgelöst.
Selenskyj warf der russischen Armee vor, humanitäre Hilfe zu blockieren. Durch die humanitäre Katastrophe in ukrainischen Städten sollten die Ukrainer gezwungen werden, "mit den Besatzern zusammenzuarbeiten", sagte Selenskyj. "Das ist ein Kriegsverbrechen."
H.Brunner--HHA