Hamburger Anzeiger - Scholz bezeichnet Absage an Ukraine-Besuch Steinmeiers als "irritierend"

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Scholz bezeichnet Absage an Ukraine-Besuch Steinmeiers als "irritierend"
Scholz bezeichnet Absage an Ukraine-Besuch Steinmeiers als "irritierend" / Foto: Ben Stansall - POOL/AFP

Scholz bezeichnet Absage an Ukraine-Besuch Steinmeiers als "irritierend"

Die ukrainische Ablehnung eines Besuchs von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kiew hat in der deutschen Politik Kritik und zugleich Besorgnis ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte die Entscheidung "etwas irritierend, um es höflich zu sagen". Der Unions-Außenpolitikexperte Jürgen Hardt (CDU) sprach von einer "schweren Belastung" und forderte einen sofortigen Anruf von Scholz in Kiew.

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Steinmeier habe die russische Aggression in der Ukraine klar verurteilt und sei "das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland", sagte Scholz rbb24-Inforadio. "Und deshalb wäre es auch gut gewesen, ihn zu empfangen."

Die ukrainische Führung hatte am Dienstag einen Besuch Steinmeiers abgelehnt, der gemeinsam mit seinen Kollegen aus Polen und den drei baltischen Staaten nach Kiew reisen wollte. Diese brachen am Mittwoch ohne Steinmeier in die Ukraine auf. Die Entscheidung der Ukraine gilt als ungewöhnlicher diplomatischer Affront und als klares Anzeichen dafür, wie tief die Unzufriedenheit mit der deutschen Politik vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf das Land ist.

Steinmeier hatte in seinen früheren Ämtern als Kanzleramtschef und Außenminister eine russlandfreundliche Politik verfolgt. Vor einer Woche räumte er Fehler ein und erklärte, dass er sich in dem russischen Präsidenten Wladimir Putin getäuscht habe.

Der FDP-Außenpolitikexperte Alexander Graf Lambsdorff sprach bei der Absage an Steinmeier von einer "sehr unglücklichen Entscheidung" der Kiewer Führung. Diese habe einen "Fehler" gemacht, sagte er dem Sender Welt. Sicher sei, dass Scholz "jetzt jedenfalls kurzfristig nicht nach Kiew fahren kann". Denn dies wäre ein "Affront" gegen den Bundespräsidenten.

Der außenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, forderte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auf, die Absage zurückzunehmen. "Das deutsche Staatsoberhaupt (...) zur unerwünschten Person zu erklären, ist ein großer Propagandaerfolg für Wladimir Putin", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn man die Europäer spalten will, dann muss man es so machen wie der ukrainische Präsident."

Hardt forderte ein sofortiges Telefonat zwischen dem Bundeskanzler und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch am Mittwoch. Scholz solle mit Selenskyj "die Dinge besprechen, auch alle Beschwernisse auf beiden Seiten auf den Tisch legen", sagte Hardt im ARD-"Morgenmagazin".

Scholz betonte, er selbst sei erst wenige Tage vor Ausbruch des Krieges in Kiew gewesen. Außerdem telefoniere er regelmäßig mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, zuletzt am Sonntag. "Es gibt kaum einen Staats- und Regierungschef, der so intensive Kontakte zu mir hat wie der ukrainische Präsident", sagte der Kanzler.

Der Sicherheitsberater des ukrainischen Präsidenten, Ihor Schowkwa, verteidigte die Absage an Steinmeier. Kiew erwarte, dass jeder Besuch ein konkretes, belastbares Ergebnis bringe, zum Beispiel ein "Embargo für Erdöl oder endlich schwere Waffen", sagte er im TV-Sender Welt. Deshalb würde sich die ukrainische Regierung freuen, wenn Scholz nach Kiew reisen würde. Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner sagte dazu in Berlin, über Reisen des Kanzlers werde wie immer informiert, "wenn sie anstehen".

Der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter (Grüne), forderte von Scholz eine Zusage zur Lieferung schwerer Waffen. Der Kanzler müsse "endlich Führungsverantwortung" zeigen, sagte er dem MDR. Grüne und FDP seien in der Ampel-Koalition mit der SPD nicht das Problem.

"Wir liefern, wir haben geliefert und wir werden liefern", sagte wiederum Scholz. Deutschland trage zugleich eine Verantwortung, welche Waffen geliefert würden. Diese müssten auch für die Ukraine nutzbar sein, was Munition, Ersatzteile und Bedienung angehe - und ohne dass etwa deutsche Soldaten in die Ukraine reisen müssten.

E.Steiner--HHA