Linke will sich nach Sexismus-Vorwürfen und Hennig-Wellsows Rücktritt neu aufstellen
Die Linke will sich nach dem Rücktritt der Ko-Vorsitzenden Susanne Hennig-Wellsow und der Affäre um Sexismus-Vorwürfe personell und inhaltlich neu aufstellen. Beim sozioökologischen Umbau und der Außenpolitik "haben wir ein paar Fragen zu beantworten, und das werden wir auch tun", sagte Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler am Donnerstag im Deutschlandfunk. Zudem brauche die Partei "eine neue Aufstellung auch personell". Der hessische Landesverband verteidigte indes die Bundesparteichefin und frühere Landesvorsitzende Janine Wissler.
Die Linke hatte auf einer Krisensitzung am Mittwochabend über das weitere Vorgehen beraten. Schindler verteidigte die Entscheidung, dass die Ko-Vorsitzende Janine Wissler nach dem Rücktritt von Hennig-Wellsow die Partei vorerst allein weiterführt. Dazu habe der Parteivorstand ein einstimmiges Votum abgegeben. Der erst vor 14 Monaten ins Amt gekommenem Vorstand solle auf dem Erfurter Parteitag Ende Juni neu gewählt werden.
Die Linkspartei müsse sich neu zusammenfinden und nach vorn blicken, fügte Schindler hinzu. "Die Linke wird sich nicht abschaffen, denn die Themen sind aktuell." Die Partei müsse aber "besser werden".
In einem auf der Krisensitzung vom Mittwochabend gefassten Beschluss entschuldigte sich der Parteivorstand für "sexualisierte Übergriffe" in der Partei. Die Linke müsse ein Raum sein, in dem sich alle Mitglieder "ohne Angst, sexistisch behandelt, beleidigt oder gar mit Gewalt bedroht zu werden", engagieren können, teilte der Vorstand mit.
Die Partei sieht sich derzeit mit Sexismus-Vorwürfen konfrontiert, welche die hessische Linke betreffen. Der "Spiegel" hatte berichtet, dort sei es über Jahre hinweg zu sexuellen Übergriffen gekommen. Zu den Beschuldigten soll demnach auch der ehemalige Lebensgefährte von Parteichefin Wissler gehört haben. Deren Kollegin Hennig-Wellsow begründete ihren Rücktritt unter anderem damit, dass der "Umgang mit Sexismus in den eigenen Reihen eklatante Defizite unserer Partei offen gelegt" habe.
Der Parteivorstand erklärte nun, er bedaure die sexuellen Übergriffe "zutiefst". "Es tut uns leid, dass wir nicht früher darauf reagiert haben", hieß es im Beschluss weiter. Der Vorstand versprach eine "transparente und vorbehaltlose Aufklärung" der Vorfälle.
Der Vorstand beschloss die Einrichtung einer "unabhängigen Beratungsstruktur, die aus erfahrenen Frauen aus feministischer Antigewaltarbeit und Betroffenenunterstützung sowie erfahrenen Anwältinnen besteht". Diese soll die weitere Aufklärung der bekannt gewordenen Fälle betreuen, Anlaufstelle für künftige Betroffene sein und Vorschläge für den Umgang erarbeiten.
Außerdem soll die Parteisatzung so geändert werden, "dass auch unterhalb des Ausschlusses und auch vor einem langwierigen schiedsgerichtlichen Verfahren die Möglichkeit besteht", Maßnahmen gegen Mitglieder zu ergreifen, die sexistisch handeln, andere beleidigen oder mit "strafrechtlich relevantem Verhalten überziehen".
Am Donnerstag entschuldigte sich der hessische Landesverband bei den Opfern und kündigte seine Unterstützung für Wissler an. "Wir werden Janine Wissler an dieser Stelle sehr unterstützen, damit sie ihre Arbeit weiterführen kann", sagte die Landesvorsitzende Petra Heimer in Frankfurt am Main.
"Ich möchte zurückweisen, dass wir schon vor Jahren von den Vorfällen gewusst haben sollen", ergänzte sie. "Wir werden die Bundespartei bitten, dass sie uns bei der Aufarbeitung behilflich sein wird." Bislang habe es dem hessischen Landesverband an Strukturen gefehlt.
E.Mariensen--HHA