Hamburger Anzeiger - Putin trotz internationalen Haftbefehls mit großem Pomp in der Mongolei empfangen

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Putin trotz internationalen Haftbefehls mit großem Pomp in der Mongolei empfangen
Putin trotz internationalen Haftbefehls mit großem Pomp in der Mongolei empfangen / Foto: BYAMBASUREN BYAMBA-OCHIR - AFP

Putin trotz internationalen Haftbefehls mit großem Pomp in der Mongolei empfangen

Russlands Präsident Wladimir Putin ist ungeachtet des gegen ihn vorliegenden Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) mit großem Pomp in der Mongolei empfangen worden. Bei der Zeremonie auf dem mit riesigen russischen und mongolischen Fahnen bedeckten zentralen Platz der Hauptstadt Ulan Bator boten die Gastgeber am Dienstag unter anderem Soldaten in traditionellen Uniformen und zu Pferde auf. Es war der erste Besuch Putins in einem IStGH-Mitgliedsland seit Erlass des Haftbefehls gegen ihn im März 2023.

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Putin und der mongolische Staatschef Uchnaagiin Chüreslsüch verfolgten die Zeremonie gemeinsam. Der Besuch des Kreml-Chefs erfolgte anlässlich des 85. Jahrestag des Sieges der sowjetischen und mongolischen Streitkräfte über Japan. Putin lobte gegenüber seinem mongolischen Kollegen die "respektvolle Haltung" der Mongolei, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht verurteilt hat. Beide Nationen hätten "ähnliche Positionen in vielen aktuellen internationalen Fragen", fügte der Gast hinzu.

Zu dem gegen ihn bestehenden Haftbefehl äußerte sich Putin nicht, allerdings sollte der Besuch in dem IStGH-Mitgliedsland Experten zufolge an sich bereits eine Machtdemonstration des Kreml-Chefs sein. Passant Altanbajar Altanchujag sagte der Nachrichtenagentur AFP in Ulan Bator, es wäre "unmoralisch und unsauber", Putin festzunehmen. Die beiden die Mongolei umschließenden Nachbarländer China und Russland "sind sehr wichtig für uns", fügte der 26-Jährige hinzu.

Dagegen hatten einige wenige Menschen am Vortag gegen den Besuch protestiert und Schilder mit der Aufschrift "Schafft Kriegsverbrecher Putin hier raus" hochgehalten. Eine für Dienstag geplante Demonstration wurde durch ein massives Sicherheitsaufgebot verhindert. Zasral Bat-Oschir von der "Kein Krieg"-Bewegung sagte AFP, sie und andere Aktivisten seien fünf Stunden lang von der Polizei festgehalten worden, weil sie gegen Putins Besuch demonstrieren wollten.

Ein Polizeisprecher begründete das Vorgehen damit, dass die Aktivisten ungeachtet von Warnungen versucht hätten, "in einen während Putins Besuch eingerichteten Sicherheitsbereich vorzudringen". Sie seien aber nicht festgenommen, sondern lediglich befragt worden.

Die zwischen Russland und China gelegene Mongolei stand zu Zeiten der Sowjetunion unter deren Einfluss. Sie ist inzwischen eine lebendige Demokratie, bemüht sich aber bis heute um gute Beziehungen zu Moskau. "Es war total ausgeschlossen, dass Putin festgenommen wird", sagte der politische Analyst Bajarlchagwa Munchnaran AFP. "Aus Sicht Ulan Bators ist der aktuelle IStGH-Haftbefehlsskandal eine vorübergehende Angelegenheit - im Gegensatz zu der Notwendigkeit, sichere und stabile Beziehungen zum Kreml aufrechtzuerhalten."

Der IStGH hatte im März 2023 Haftbefehl gegen Putin erlassen. Es gebe "vernünftige Gründe anzunehmen", dass der Kreml-Chef "die Verantwortung für das Kriegsverbrechen der widerrechtlichen Deportation" ukrainischer Kinder nach Russland trage, erklärte das Gericht damals. Die Regierung in Kiew wirft den russischen Behörden vor, aus den von ihr kontrollierten ukrainischen Gebieten tausende Kinder aus Kinderheimen und anderen staatlichen Einrichtungen nach Russland gebracht zu haben.

Die Reise Putins in die Mongolei wurde von der Ukraine heftig kritisiert. "Die Mongolei hat es einem beschuldigten Verbrecher erlaubt, der Justiz zu entgehen", erklärte der ukrainische Außenamtssprecher Georgiy Tychji in Online-Netzwerken. Damit trage das Land eine Mitverantwortung für Putins "Kriegsverbrechen". Der IStGH seinerseits hatte noch vor Putins Besuch daran erinnert, dass seine Mitglieder die "Verpflichtung" hätten, von ihm gesuchte Verdächtige festzunehmen. Wenn diese das nicht tun, kann das in Den Haag ansässige Tribunal allerdings kaum etwas tun.

Die Mongolei hat das Römische Statut zum IStGH im Jahr 2000 unterschrieben und es 2002 ratifiziert. Dessen ungeachtet hatte der Kreml im Vorfeld der Reise mitgeteilt, Putin mache sich "keine Sorgen" über eine mögliche Festnahme.

E.Gerber--HHA