Armee: Acht israelische Soldaten bei Bodenoffensive im Libanon getötet
Die israelische Armee hat die ersten Todesopfer in den eigenen Reihen seit Beginn ihrer Bodenoffensive im Libanon gemeldet. Bei den Kämpfen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah-Miliz im Südlibanon seien am Mittwoch acht Soldaten getötet worden, erklärte die Armee. Nach dem massiven iranischen Raketenangriff auf Israel am Dienstag drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu mit Vergeltung. Der iranische Präsident Massud Peseschkian warnte Netanjahu vor einer solchen Attacke. Die Bundesregierung organisierte derweil einen weiteren Evakuierungsflug für deutsche Staatsbürger im Libanon.
Die israelische Armee gab zunächst die Tötung eines ersten Soldaten seit Beginn der Gefechte im Nachbarland bekannt, später meldete sie dann, dass "sieben weitere Soldaten gefallen" seien. Israel hatte in der Nacht zum Dienstag nach eigenen Angaben einen "begrenzten" Bodeneinsatz im Süden des Libanon begonnen. Zuvor hatte sie Bewohner mehrerer Ortschaften im Südlibanon aufgerufen, die Gebiete zu verlassen.
Die pro-iranische Hisbollah meldete am Mittwoch Gefechte mit israelischen Soldaten, die in ein Dorf nahe der Grenze zu Israel eingedrungen seien. Die Miliz hatte zuvor mitgeteilt, sie habe israelische Soldaten zum Rückzug gezwungen, nachdem diese versucht hätten, in das weiter nordöstlich gelegene Grenzdorf Adajseh vorzurücken. In dem Grenzort Jarun zündeten Kämpfer der Miliz nach Hisbollah-Angaben zudem eine Bombe, als israelische Soldaten sich dem Dorf näherten. Dabei seien "alle Mitglieder" der Einheit getroffen worden.
Am Nachmittag gab die Miliz die Zerstörung mehrerer israelischer Panzer bekannt. Drei Panzer vom Typ Merkava seien mit Raketen zerstört worden, "als diese auf das Dorf Maroun al-Ras vorrückten", hieß es. Andernorts beschoss die Hisbollah nach eigenen Angaben israelische Soldaten mit Raketen und attackierte einen Armeehubschrauber.
Der Iran hatte Israel am Dienstagabend mit rund 200 Raketen angegriffen - zum zweiten Mal nach einem Angriff mit hunderten Drohnen und Raketen im April. Nach Angaben der israelischen Armee wurde ein großer Teil der Raketen abgefangen. Nach Angaben Teherans handelte es sich um eine Vergeltungsaktion unter anderem für die Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah bei einem israelischen Luftangriff auf Beirut in der vergangenen Woche.
Netanjahu erklärte, der Iran habe "einen großen Fehler gemacht" und werde "dafür bezahlen". Zu Zeitpunkt und Ausmaß eines möglichen Vergeltungsangriffs auf den Iran machte Israel zunächst keine Angaben.
Der iranische Präsident Peseschkian warnte Israel vor einem Vergeltungsangriff. "Wenn Israel reagieren will, werden wir eine stärkere Antwort haben", sagte Peseschkian am Mittwoch in Katar. "Wir wollen keinen Krieg, es ist Israel, das uns zwingt zu reagieren", fügte er hinzu.
US-Präsident Joe Biden kündigte Gespräche mit Netanjahu an. "Die Vereinigten Staaten stehen voll und ganz hinter Israel", sagte er. Zugleich betonte er, dass Israel für einen etwaigen Angriff auf Atomanlagen im Iran nicht die Unterstützung der USA habe. Alle G7-Staaten seien der Meinung, dass Israel das Recht habe, auf den iranischen Raketenangriff zu antworten. "Aber die Antwort sollte verhältnismäßig sein", sagte Biden.
Die sieben großen Industrienationen (G7), deren Vorsitz derzeit Italien innehat, hatten zuvor in einer gemeinsamen Erklärung den Angriff des Iran verurteilt. In einer später veröffentlichten Erklärung des Weißen Hauses hieß es dazu, die Staatengruppe erwäge als Reaktion auf den Angriff auch "neue Sanktionen" gegen den Iran.
Nach heftiger Kritik aus Israel verurteilte auch UN-Generalsekretär António Guterres den iranischen Raketenangriff vom Dienstag ausdrücklich. Zugleich forderte er ein Ende des "ekelerregenden Kreislaufs der Eskalation". Guterres hatte nach dem iranischen Raketenangriff eine "Ausweitung des Konflikts im Nahen Osten" verurteilt, ohne dabei den Iran ausdrücklich erwähnt. Israel warf Guterres daraufhin eine ungenügende Verurteilung des Angriffs vor und erklärte ihn zur "unerwünschten Person".
Die Kämpfe zwischen der Hisbollah und Israel waren in Folge des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres und der anschließenden israelischen Offensive im Gazastreifen wieder aufgeflammt. Israel verlegte den Schwerpunkt der Kämpfe in den vergangenen Wochen vom Gazastreifen zunehmend in den Norden.
Zur Evakuierung weiterer Deutscher aus dem Libanon wurde am Mittwoch erneut ein Flugzeug nach Beirut geschickt. Ein Airbus A330 MRTT der multinationalen Lufttransporteinheit MMU sei in die libanesische Hauptstadt geflogen, "um weiteren 130 besonders gefährdeten Deutschen bei der Ausreise aus Libanon zu helfen", teilten das Auswärtige Amt und des Verteidigungsministerium mit. Bereits am Montag hatte ein Flugzeug der Luftwaffe rund 110 Menschen aus Beirut ausgeflogen, unter ihnen Botschaftsmitarbeiter.
E.Borstelmann--HHA