Hamburger Anzeiger - Kritik an "Bau-Turbo" in Baugesetzreform - Grüne wollen Verknüpfung mit Mietrecht

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Kritik an "Bau-Turbo" in Baugesetzreform - Grüne wollen Verknüpfung mit Mietrecht
Kritik an "Bau-Turbo" in Baugesetzreform - Grüne wollen Verknüpfung mit Mietrecht / Foto: Tobias SCHWARZ - AFP/Archiv

Kritik an "Bau-Turbo" in Baugesetzreform - Grüne wollen Verknüpfung mit Mietrecht

Bei der geplanten Reform des Baugesetzbuches gibt es heftige Kritik an einem wichtigen Baustein: Ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen forderte, den sogenannten Bau-Turbo zu streichen. Das Vorhaben "verschärft bestehende Probleme" und führe nicht dazu, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die Grünen im Bundestag mahnten "mehr soziale Aspekte und die Verankerung des bezahlbaren Wohnraums in dieser Reform" an.

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Der Bundestag sollte am Donnerstag in erster Lesung über die Reform des Baugesetzbuches aus dem Haus von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) beraten. Wichtiger Bestandteil ist der Paragraf 246e, der sogenannte Bau-Turbo. Er soll weitreichende Abweichungen von bestehenden Vorschriften ermöglichen, um den Wohnungsbau in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt zu erleichtern.

Das Bündnis, zu dem etwa Mieterbund, DGB, Paritätischer Gesamtverband sowie Umwelthilfe und Naturschutzring gehören, kritisierte, weder seien klare Vorgaben zum Bau von Mietwohnungen oder zur sozialen Wohnraumförderung enthalten, noch würden Mietpreisbindungen oder Schutzmechanismen für Mieterinnen und Mieter gestärkt. "Stattdessen wird es einfacher, bestehende Regelungen für Milieuschutz zum Schutz vor Mietpreissteigerungen zu umgehen." Dies begünstige Verdrängungsprozesse in ohnehin angespannten Wohnungsmärkten und treibe die Mieten weiter in die Höhe.

Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, sagte AFP, die Kritik sei zwar auf den ersten Blick verständlich - aber ohne "wirkliche Substanz". Eine Kommune könne weiterhin festlegen, ob und in welchem Umfang in einem Gebiet mit angespannter Wohnungslage sozialer Wohnungsbau entsteht und ebenso auch städtebauliche Verträge abschließen. "Das alles wird nicht eingeschränkt. Entschieden wird in den Kommunen vor Ort." Damit wies Daldrup auch die Kritik zurück, der Paragraf 246e stelle die kommunale Selbstverwaltung in Frage.

Zum Vorwurf, der Bau-Turbo schwäche den Schutz von wertvollen Grün- und Agrarflächen in städtischen Randgebieten, sagte Daldrup, im Außenbereich einer Gemeinde müsse auch weiterhin die Umweltverträglichkeit untersucht werden.

Das Bündnis kritisierte außerdem, dass der Paragraf 246e "nachträglich und intransparent" in den Kabinettsbeschluss eingeführt worden sei, ohne dass er im Referentenentwurf enthalten gewesen sei. Das sei "äußerst bedenklich und erschwert die Nachvollziehbarkeit dieser Entscheidung". Der Bau-Turbo für sich sollte schon im Herbst 2023 verabschiedet werden - dies scheiterte damals am Widerstand der Grünen.

Zur ersten Lesung des Baugesetzbuches erklärte die baupolitische Sprecherin der Grünen, Christina-Johanne Schröder, dringender als diese Reform sei "die im Koalitionsvertrag vereinbarte Stärkung des Mietrechts". Das drängendste Problem für viele Menschen in Deutschland "sind und bleiben die explodierenden Mieten und der Mangel an bezahlbarem Wohnraum".

Die Ampel-Regierung hatte im Koalitionsvertrag Ende 2021 die Verlängerung der Mietpreisbremse vereinbart. Diese schreibt vor, dass bei Neuvergaben von Wohnungen der Preis nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen darf. Sie läuft ohne Verlängerung in den ersten Städten mit Wohnungsnot bereits 2025 aus. Die Koalition hatte sich im April im Grundsatz auf eine Verlängerung bis 2029 geeinigt. "Es ist höchste Zeit, dass SPD und FDP ihre Selbstblockade beim Mieterschutz endlich auflösen", forderte die Grünen-Politikerin Schröder.

SPD-Politiker Daldrup entgegnete, die Mietpreisbremse sei "im Kabinett geeint". Es sei "unsere feste Absicht", dass sie zum 1. Januar in Kraft trete. Er kritisierte gegenüber AFP: "Leider erleben wir immer wieder die Verknüpfung von Vorhaben miteinander, die so nicht zusammenhängen. Schon auf Grund unterschiedlicher Zuständigkeiten." Die SPD wolle beide Aufgaben lösen: mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen, mehr bezahlbaren Wohnraum sichern.

L.Keller--HHA