Stockende Sondierungen in Thüringen: Vertreter von CDU und SPD zunehmend skeptisch
Angesichts von Konflikten mit dem BSW schwindet bei CDU und SPD in Thüringen laut Medienberichten offenbar die Hoffnung auf einen erfolgreichen Abschluss der laufenden Sondierungsgespräche. Vertreter von CDU und SPD bewerteten die Chancen zum Eintritt in offizielle Koalitionsverhandlungen zur Bildung einer gemeinsamen Landesregierung mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zunehmend als gering, berichteten der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) und Zeitungen des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Freitag und Samstag.
Thüringens SPD-Landeschef Georg Maier sagte dem MDR, er habe nur noch wenig Hoffnung, dass es tatsächlich zu konkreten Regierungsverhandlungen komme. Er habe den starken Eindruck, dass BSW-Bundeschefin Sahra Wagenknecht durch Intervention von außen eine Koalition aus CDU, BSW und SPD verhindern wolle, fügte der Landesinnenminister nach Angaben des Senders hinzu.
Den Zeitungen des RND zufolge rechnen CDU und SPD mit einem baldigen Aus der derzeit laufenden Sondierungsgespräche. Verantwortlich dafür sei die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht, die Koalitionsverhandlungen durch ständige Einmischungen verhindere, hieß es demnach aus Parteikreisen.
Nach RND-Informationen lag am Freitag ein mühsam errungener Kompromiss zu außenpolitischen Fragen vor, der die Standpunkte von CDU und SPD auf der einen Seite sowie des BSW auf der anderen Seite aufgegriffen habe. Dieser sollte den Weg von Sondierungsgesprächen zu Koalitionsverhandlungen ebnen und sei bereits von den Führungsgremien von CDU und SPD gebilligt worden.
Wagenknecht habe den Vorschlag daraufhin blockiert und ihrerseits einen Passus vorgelegt, der für CDU und SPD nicht akzeptabel sei, berichtete das RND. "Offensichtlich ist es Wagenknecht nicht wichtig, dass es zu einer Landesregierung kommt", hieß es demnach aus Verhandlungskreisen.
Thüringens CDU-Vorsitzender Mario Voigt mahnte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe am Sonntag eine Fortsetzung der Gespräche mit dem BSW an. Es sei eine Tugend, nicht zu schnell aufzugeben, sagte er dort. "Lasst uns auf unsere Arbeit und Aufgaben hier im Land konzentrieren." Zugleich bestätigte Voigt, dass es "offenkundig Einmischungen" bei einer Präambel zum Thema Frieden gegeben habe, "die Kompromisse nicht leichter machen".
Der Kovorsitzende des BSW in Thüringen, Steffen Schütz, zeigte sich in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe "optimistisch", sich mit CDU und SPD auf einen Formulierungsvorschlag für die Präambel zu einigen. Über einen von ihm entworfenen Vorschlag bestehe Einigung im BSW, auch mit Wagenknecht.
Nach den Landtagswahlen vom September laufen in Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenburg, Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung unter Beteiligung des BSW. Die Wagenknecht-Partei machte von Anfang an deutlich, dass sie derartige Koalitionen an Bedingungen knüpft. Das BSW fordert etwa diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs und lehnt eine Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland ab.
Wagenknecht legte mehrfach nach und forderte von der Thüringer CDU jüngst etwa eine Distanzierung von ihrem Bundeschef Friedrich Merz, weil dieser im Bundestag erneut die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gefordert hatte. CDU-Vertreter wiesen das energisch zurück und forderten das BSW auf zu klären, ob es eine Regierungsbeteiligung überhaupt anstreben.
Auch in Sachsen stocken die erst am Dienstag begonnenen Sondierungen zwischen CDU, SPD und BSW bereits. Die SPD unterbrach die Gespräche am Freitag, nachdem zahlreiche Abgeordnete des BSW im sächsischen Landtag für einen AfD-Antrag zur Einsetzung eines Corona-Untersuchungsausschusses gestimmt hatten. Das Verhalten der BSW sei nicht hinnehmbar, erklärte sie.
In der CDU flammte angesichts des ungewissen Ausgangs der Sondierungen in Thüringen die Debatte um den Umgang mit der Linken wieder auf. Der frühere Generalsekretär der CDU, Mario Czaja, sprach sich für Gespräche seiner Partei mit der Linken aus. "Die schwierigen Koalitionsverhandlungen in Thüringen zeigen, dass es sich jetzt rächt, dass sich meine Partei nicht kritisch mit dem Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei auseinandergesetzt hat", sagte er am Sonntag den Zeitungen des RND.
Ihm widersprach der Unionparlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU). Der Unvereinbarkeitsbeschluss bleibe "richtig", sagte er ebenfalls im RND. Zwar sei die Lage in Thüringen "kompliziert". Er habe jedoch Vertrauen in CDU-Landesschef Voigt. Dieser arbeite an einer funktionsfähigen Regierung.
R.Hansen--HHA