Hamburger Anzeiger - Hauptangeklagter in Prozess um Pariser Anschläge 2015: "Ich habe niemanden getötet"

Börse
EUR/USD -0.14% 1.0393 $
Goldpreis 0.19% 2633.1 $
Euro STOXX 50 -0.09% 4857.86
MDAX 0.6% 25705.25
SDAX 0.27% 13565.88
TecDAX 0.41% 3427.73
DAX -0.18% 19848.77
Hauptangeklagter in Prozess um Pariser Anschläge 2015: "Ich habe niemanden getötet"
Hauptangeklagter in Prozess um Pariser Anschläge 2015: "Ich habe niemanden getötet"

Hauptangeklagter in Prozess um Pariser Anschläge 2015: "Ich habe niemanden getötet"

Im Prozess zu den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben sich die Richter am Mittwoch erstmals mit der Radikalisierung des Hauptangeklagten Salah Abdeslam befasst. "Ich unterstütze den Islamischen Staat", sagte der 32 Jahre alte Franzose vor dem Gericht in Paris. "Ich kämpfe für islamische Werte", fügte er hinzu. Er habe sich der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zugewandt, nachdem sein Bruder nach Syrien gereist sei.

Textgröße:

Noch vor Beginn seiner Befragung äußerte er sich spontan zu seiner Rolle bei den Attentaten. "Ich habe niemanden getötet und niemanden verletzt", sagte er. "Ich habe nicht mal einen Kratzer verursacht", sagte Abdeslam, der das einzige noch lebende Mitglied der Pariser Terrorkommandos ist.

Am 13. November 2015 hatten jeweils drei mit Sprengstoffgürteln ausgestattete Männer im Konzertsaal Bataclan, vor Cafés und Restaurants und nahe einem Fußballstadion 130 Menschen getötet. 350 weitere Menschen wurden verletzt. Alle neun Attentäter sind tot. Abdeslam war der einzige, der sich in der Tatnacht seines Sprengstoffgürtels entledigte und flüchtete.

Abdeslam beklagte sich vor Gericht, dass er seit Beginn des Prozesses "verleumdet" worden sei und kritisierte die "extrem harten Strafen" bei Terrorismus-Prozessen. "Wenn künftig jemand mit einem Koffer mit 50 Kilogramm Sprengstoff in die Metro oder in einen Bus steigt und es sich im letzten Moment anders überlegt, dann wird er sich sagen, dass er das nicht machen kann, da man ihn ohnehin einsperren oder töten wird", sagte Abdeslam.

Damit spielte er vermutlich auf seine eigene Erfahrung an. Bislang ist unklar, warum er den Sprengstoffgürtel abgelegt hatte. Die Ereignisse der Schreckensnacht sollen allerdings erst später vor Gericht zum Thema werden.

Am Mittwoch und Donnerstag sollte es zunächst um seinen Werdegang gehen und um die Frage, wie und warum er sich radikalisierte. Abdeslam war in seiner Jugend als ausgehfreudig bekannt gewesen, bevor er sich wie auch sein Bruder Brahim und sein Freund Abdelhamid Abaaoud dem radikalen Islam zuwandte.

Sein älterer Bruder Brahim war im Februar 2015 aus Syrien zurückgekehrt. Er war Mitglied des Terrorkommandos, das in den Pariser Straßencafés wahllos in die Menge feuerte. Er zündete später seinen Sprengstoffgürtel.

Abdeslam war in der Nacht geflüchtet und wurde schließlich im Brüsseler Vorort Molenbeek aufgespürt, wo er als Sohn franko-marokkanischer Eltern aufgewachsen war.

Der Prozess hatte im September begonnen. Angeklagt sind 20 Männer, von denen sechs abwesend sind. Fünf von ihnen gelten als tot, einer sitzt in der Türkei in Haft. Neben Abdeslam sind vier Männer angeklagt, die mutmaßlich für den Einsatz bei Anschlägen vorgesehen waren. Die übrigen Angeklagten haben mutmaßlich logistische Hilfe geleistet, indem sie Abdeslam bei der Flucht halfen oder falsche Papiere besorgten.

A.Swartekop--HHA