Hamburger Anzeiger - Westen rechnet verstärkt mit möglicher russischer Invasion in Ukraine

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Westen rechnet verstärkt mit möglicher russischer Invasion in Ukraine
Westen rechnet verstärkt mit möglicher russischer Invasion in Ukraine

Westen rechnet verstärkt mit möglicher russischer Invasion in Ukraine

Im Ukraine-Konflikt rechnet der Westen verstärkt mit einem möglichen Einmarsch Russlands in das Nachbarland. Die US-Regierung sprach von einer "sehr eindeutigen Möglichkeit" einer russischen Invasion, US-Außenminister Antony Blinken sicherte Kiew am Freitag (Ortszeit) "zuverlässige" Unterstützung zu. Westliche Spitzenpolitiker stimmten sich derweil in einer kurzfristig einberufenen Telefonschalte über ihr Vorgehen im Fall eines Einmarschs ab. Die EU präzisierte anschließend, dass Sanktionen den russischen Finanz- und Energiesektor treffen würden.

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Der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, sagte, ein russischer Angriff könnte noch während der derzeitigen Olympischen Winterspiele in Peking erfolgen und würde vermutlich mit "Luft- und Raketenangriffen" beginnen, die Zivilisten töten könnten. Er rief US-Bürger auf, die Ukraine innerhalb der "nächsten 24 bis 48 Stunden" zu verlassen. Mehrere weitere Länder schlossen sich der Empfehlung an.

Blinken telefonierte derweil mit seinem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba. Er sicherte Kuleba laut Angaben des US-Außenministeriums zu, "dass die Ukraine weiterhin die dauerhafte und zuverlässige Unterstützung der Vereinigten Staaten" erhalten werde.

Das Pentagon kündigte zudem die Entsendung von 3000 zusätzlichen US-Soldaten nach Polen an. Es handle sich dabei um Fallschirmjäger der 82. Luftlandebrigade in Fort Bragg. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte bereits Anfang Februar die Entsendung von 1700 weiteren Soldaten nach Polen angeordnet.

Bei der jüngsten Aufstockung gehe es darum, "unseren Nato-Verbündeten" ein Gefühl der Sicherheit zu geben und vor "jeder möglichen Aggression gegen die Ostflanke der Nato abzuschrecken". Zudem wurden US-Kampfjets vom Typ F-16 von Deutschland auf einen Stützpunkt in Rumänien verlegt, der 100 Kilometer vom Schwarzen Meer entfernt liegt.

Sicherheitsberater Sullivan sagte jedoch auch, die USA gingen weiterhin nicht davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin bereits eine "endgültige Entscheidung" für einen Angriff getroffen habe. Zuletzt seien aber weitere russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine eingetroffen.

Mehrere westliche Staaten fanden sich indessen zu einer kurzfristigen Telefonkonferenz zusammen. An dem Gespräch nahmen Biden, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und weitere Staats- und Regierungschefs teil.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen machte danach erstmals nähere Angaben zu den bereits vorbereiteten EU-Sanktionen gegen Russland. Neben dem Finanz- und Energiesektor wäre demnach auch "die Ausfuhr von High-Tech-Produkten" betroffen.

Scholz habe an einem "wichtigen Austausch zur sehr sehr ernsten sicherheitspolitischen Lage der Ukraine" teilgenommen, schrieb Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach der Schalte auf Twitter. Die Nato-Partner seien "entschlossen, gemeinsam schnelle und tiefgreifende Sanktionen zu ergreifen gegen Russland, sollte es zu weiteren Verletzungen der territorialen Integrität und der Souveränität der Ukraine kommen".

Moskau hat nach westlichen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen, bestreitet jedoch jegliche Angriffspläne. Russland führt an, sich von der Nato bedroht zu fühlen.

"Die Situation ist wahnsinnig angespannt", sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei einem Besuch in Jordanien. Militärisch gebe es "keine Anzeichen für Deeskalation". Baerbock verwies auf zuvor von Moskau angekündigte neue Militärübungen an der ukrainischen Grenze. Laut dem russischen Verteidigungsministerium nahmen am Freitag in der Grenzregion Rostow 400 russische Soldaten an einer "taktischen Übung" für einen "Kampfeinsatz" teil.

Biden hatte am Donnerstag in einem aufgezeichneten TV-Interview gesagt, Washington werde unter keinen Umständen US-Truppen in die Ukraine schicken, auch nicht zur Rettung von US-Bürgern im Falle einer russischen Invasion. Dies würde "einen Weltkrieg" auslösen. "Wenn Amerikaner und Russen anfangen, aufeinander zu schießen, befinden wir uns in einer ganz anderen Welt."

O.Meyer--HHA