Forderungen nach einem nationalen Hitzeschutzplan werden laut
Angesichts der hohen Temperaturen in Deutschland werden die Rufe nach mehr Schutzmaßnahmen lauter. Ärztepräsident Klaus Reinhardt forderte am Montag einen nationalen Hitzeschutzplan. "Hitzewellen werden immer häufiger und extremer. Darauf müssen wir uns vorbereiten", mahnte der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Auch der Marburger Bund will mehr Vorsorge durch die Politik. Die Bundesregierung verweist indes auf die Zuständigkeit der Kommunen.
"Hitze kann krank machen", warnte Ärzte-Präsident Reinhardt. "Hitzestress und hohe bodennahe Ozonkonzentrationen können insbesondere für vulnerable Personen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben." Besonders gefährdet seien Ältere und Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen sowie Schwangere und Kleinkinder.
Neben einem bundesweiten Hitzeschutzplan müssten auf Landes- und kommunaler Ebene die unterschiedlichen Maßnahmepläne koordiniert und umgesetzt werden - "mit besonderem Augenmerk auf schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen", betonte Reinhardt. Dabei sollten auch Ärztinnen und Ärzte aus Klinik und Praxis einbezogen werden. Nötig seien etwa Gebäude mit Raumtemperaturüberwachung, kühle Aufenthalts- und Versorgungsbereiche und die Kooperation mit den Rettungsdiensten.
Auch der Ärzteverband Marburger Bund fordert Hitzeschutzpläne für Städte und Kommunen, damit sich Senioreneinrichtungen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen besser auf Hitzewellen vorbereiten könnten. Am besten werde dies "durch einen nationalen Hitzeschutzplan", geregelt, sagte die Vorsitzende Susanne Johna dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Bislang gibt es keinen solchen bundesweiten Hitzeaktionsplan mit konkreten Vorgaben. Obwohl das Bundesumweltministerium bereits 2017 entsprechende Handlungsempfehlungen vorgelegt hat, haben bisher nur wenige Kommunen wie Erfurt, Dresden, Köln oder Mannheim dies umgesetzt. In Berlin startete vor kurzem ein Aktionsbündnis Hitzeschutz, in das auch Akteure aus dem Gesundheitsbereich eingebunden sind.
Nach Einschätzung von Experten ist Deutschland für den Katastrophenfall durch mögliche große Hitzewellen nicht gerüstet. Kaum ein großes Krankenhaus verfügt demnach über konkrete Maßnahmepläne.
Die Bundesregierung sieht aktuell keinen Anlass für eine bundesweite Regelung. Nach der Verfassung sei das Thema Hitzeschutz und Hitzevorsorge "vor allem eine Aufgabe der Kommunen", sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums am Montag in Berlin. Die Regierung sei aber nicht untätig. So gebe es für die Kommunen etwa Förderprogramme zur Klimaanpassung von sozialen Einrichtungen wie Altenheimen und Kindertagesstätten.
Die Stiftung Patientenschutz kritisierte, gerade an der Finanzierung hapere es. "Denn weder Kommunen noch Bund und Länder sind bereit, mit Milliarden-Investitionen einen Hitzeschutzschild wenigstens für Pflegeheimbewohner, Krankenhauspatienten und besonders gefährdete Menschen bereitzustellen", sagte Vorstand Eugen Brysch der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Er forderte von Bund und Ländern, ein 25-Grad-Ziel für die stationären Einrichtungen zu garantieren: "Bundestag und Länderparlamente tun nichts, um ihre Regierungen auf dieses Hitzeschutz-Ziel zu verpflichten."
Linken-Chefin Janine Wissler will Klimaanpassungen auch beim Arbeitsrecht. Sie unterstütze Forderungen der Gewerkschaften nach längeren Pausen, verkürzter Arbeitszeit oder hitzefrei. Dies müsse in der Arbeitsstättenverordnung festgeschrieben werden.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erweiterte unterdessen sein Hitzewarnsystem. Neben den amtlichen Hitzewarnungen für den aktuellen und den Folgetag veröffentlicht der Wetterdienst jetzt auch Vorhersagen der zu erwarteten Hitzebelastung in den nachfolgenden fünf Tagen. Das soll vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich genutzt werden.
J.Berger--HHA