Kritik von Wirtschaftsweiser an Kinderbetreuung stößt in Parteien auf Zustimmung
Die Kritik der Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, an unzureichender Kinderbetreuung in Deutschland stößt in mehreren politischen Parteien auf Zustimmung. Schnitzer hatte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Wochenende gesagt: "Man kann sich auf die Kitas nicht verlassen." Diese Kritik an fehlender Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Betreuung "teilen wir – sie spiegelt die Realität vieler Familien wider", sagte dazu die stellvertretende Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Maria Klein-Schmeink, der "Welt".
Es sei "nicht hinnehmbar, dass fehlende Betreuungskapazitäten und unzuverlässige Strukturen insbesondere Frauen dazu zwingen, ihre beruflichen Ambitionen zurückzustellen", führte Klein-Schmeink aus. Bund und Länder seien in der Verantwortung, "verlässliche und flexible Betreuungsangebote zu schaffen und auszubauen".
Auch die Vorsitzende der Gruppe Die Linke im Bundestag, Heidi Reichinnek, nannte Schnitzers Kritik "absolut berechtigt". Sie betonte in der "Welt": "Es geht zuallererst um ein pädagogisches Angebot, nicht darum, die Kinder zu verwahren, damit die Eltern arbeiten können."
Die Bedeutung von frühkindlicher Bildung betonten ebenso die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen und die CDU-Abgeordnete Silvia Breher. "Frühkindliche Bildung ist der Schlüssel zu den Chancen, die Kinder unabhängig vom Elternhaus benötigen, um ihren eigenen Weg gehen zu können", sagte Jensen der Zeitung. Sie sei auch der Schlüssel dafür, dass Eltern neben familiären Pflichten auch weiterhin ihrem Job nachgehen könnten.
Breher, die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, kritisierte in dem Zusammenhang die Politik der früheren Ampelregierung. Die Betreuungssituation habe sich in deren Regierungszeit deutlich verschlechtert, sagte sie der "Welt".
Für die AfD sagte ihr familienpolitischer Sprecher Martin Reichardt der Zeitung, es sei wichtig, "die staatliche Betreuung wieder zielgerichtet zu unterstützen und insbesondere die innerfamiliäre Betreuung stärker zu fördern, zum Beispiel durch ein Betreuungsgehalt für Eltern".
Die Wirtschaftsweise Schnitzer hatte in den Funke-Zeitungen kritisiert, dass das gesamte System darauf beruhe, "dass man Großeltern miteinbezieht oder sich privat, wenn man es sich leisten kann, Babysitter organisiert". Wer das nicht könne, habe "keine andere Wahl, als seine Arbeitszeit zu reduzieren".
Eine wie von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Frühjahr geforderte Abschaffung der Teilzeit hält Schnitzer in diesem Zusammenhang für "völlig unrealistisch". "Wir haben ein System, bei dem wir Teilzeit massiv fördern", kritisierte die Ökonomin. Zementiert werde dies etwa durch das Ehegatten-Splitting, "an dessen Reform sich niemand traut". "Dieses Zusammenspiel ist fatal."
Stattdessen forderte Schnitzer mehr Geld und Personal für die Kitas. So könne man viel zusätzliche Arbeitszeit gewinnen. Überdies sei eine hochqualifizierte Kinderbetreuung auch wichtig für die Integration.
Von den Unternehmen forderte Schnitzer hierbei ein "Umdenken". "Es kann nicht sein, dass junge Väter schief angeschaut werden, wenn sie nur noch 80 Prozent arbeiten wollen, damit sie es der Mutter ebenfalls ermöglichen, 80 Prozent zu arbeiten", kritisierte sie.
Als ähnlich unzureichend bewertete Schnitzer die Lage der Arbeitnehmer hinsichtlich der Pflege von Familienangehörigen. "Es gibt keine Pflegeunterstützung, die nicht dafür sorgt, dass man sich massiv einschränken muss in seiner Arbeitsleistung", kritisierte sie.
M.Huber--HHA