Lindner erntet Kritik an Vorstoß für höhere Pendlerpauschale
Angesichts der hohen Energiepreise ist Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) offen für eine Anhebung der Pendlerpauschale. Wenn es eine Einigung gebe, "daran etwas zu tun, würde es am Finanzminister nicht scheitern", sagte er RTL. Kritisch zu dem Vorstoß äußerte sich allerdings der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler; auch von der Linksfraktion kamen massive Einwände.
"Die Pendlerpauschale wie auch die Abschaffung der Kalten Progression privilegieren vor allem höhere Einkommen und sind keine Antwort auf die fossile Inflation", sagte Kindler der Nachrichtenagentur AFP. "Anstatt teure Steuergeschenke zu verteilen, müssen wir Menschen mit wenig Einkommen unterstützen, die am stärksten von den Preissteigerungen betroffen sind", betonte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag.
Kindler wies auch darauf hin, die Ampel-Koalition arbeite gerade "an einem Gesamtpaket zur gezielten Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, die es am nötigsten brauchen". Zu diesem Paket gehörten auch der vom Kabinett bereits beschlossene Heizkostenzuschuss, ein Kindersofortzuschlag, die gerechte Aufteilung des CO2-Preises bei den Heizkosten zwischen Mietern und Vermietern sowie die Abschaffung der EEG-Umlage. Dabei seien "ständig neue, wenig ausgereifte Vorschläge in der Debatte nicht hilfreich", sagte Kindler weiter.
Eine Anhebung der Pendlerpauschale "geht kilometerweit am Notwendigen vorbei", urteilte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. "Der Vorschlag verschaukelt die Bürger", sagte er ebenfalls AFP. "Es braucht umgehend spürbare Entlastungen und nicht mit der nächsten Steuererklärung, die dann Mitte 2023 käme."
Die Pendlerpauschale senke weder Heiz- noch Stromkosten, gab Bartsch zudem zu bedenken. "Wer die Sorgen der Menschen ernst nimmt und sie nicht mit Scheinlösungen hinter die Fichte führen will, muss neben wirkungsvollen direkten Hilfen die Steuern und Abgaben auf Energie senken", verlangte er.
Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion, Christian Görke, erklärte in Berlin, die Pendlerpauschale sei ohnehin ungerecht, "weil sie Spitzenverdiener besser stellt. Geringverdienern, Rentnern und Studenten, die keine oder kaum Einkommensteuer zahlen, hilft die Pendlerpauschale nicht weiter."
Das sieht der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ähnlich. "Jeder Cent mehr Pendlerpauschale würde die soziale Ungerechtigkeit verschärfen", sagte vzbv-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth dem "Handelsblatt". "Denn besonders hohe Einkommen würden davon überproportional profitieren."
Sinnvoller sei, die Pauschale durch "ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld" zu ersetzen, sagte Jungbluth. "So könnten auch Menschen einen Zuschuss erhalten, die wenig oder gar keine Einkommenssteuer zahlen und wirklich Unterstützung für die Transformation in eine klimaneutrale Mobilität brauchen."
Dagegen sprachen sich Vertreter der Kommunalverbände für eine Erhöhung der Pendlerpauschale aus. "Hunderttausende Personen pendeln täglich zur Arbeit, oftmals aus den ländlichen Räumen in die Metropolen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landsberg, am Dienstag der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für sie sei "Entlastung notwendig".
Auch der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, nannte Lindners Äußerungen "das richtige Signal". Die Erhöhung der Pendlerpauschale wäre "nicht nur gerechtfertigt, sondern notwendig", erklärte er in Berlin.
A.Roberts--HHA